EXPERTISE – BEHANDLUNGSSCHWERPUNKT
Patellaspitzensyndrom, jumper's knee, proximale Patellasehnen-Insertionstendinpathie, Springer-Knie
Patellasehnenentzündung, Patellasehnenruptur
Unter Nicht-Medizinern wird häufig vom sogenannten Patellaspitzensyndrom gesprochen, im englischen Raum zumeist vom jumper's knee. Hiermit ist die häufigste Ausprägung der Patellasehnentendinopathie am unteren Pol der Patellasehne gemeint. Ähnlich wie bei der Achillessehne ist häufig von einer Patellasehnenentzündung die Rede. Auch in diesem Fall ist meistens die Tendinopathie gemeint, eine echte Entzündung der Sehne ist nur in seltenen Fällen nachweisbar.
Die Patellasehne ist Teil des komplexen Knie-Streckapparates und bildet dessen Ansatzpunkt am vorderen Schienbein. Hier erfolgt also die Kraftübertragung auf den Unterschenkel, was die Kniestreckung ermöglicht. (Bei vollständig gerissener Patellasehne ist eine kraftvolle Kniestreckung nicht mehr möglich.)
Die Kniescheibe funktioniert als sogenanntes Hypomochlion, also als Drehpunkt des Quadrizeps und ermöglicht dadurch die Kraftübertragung mittels Hebelwirkung vom Oberschenkel auf den Unterschenkel. Oberhalb, also stammnah (proximal), der Kniescheibe ist die Quadrizepssehne zu finden. Diese sorgt für die Kraftübertragung des Muskels auf den restlichen Streckapparat, die Kniescheibe und die Patellasehne. Der Oberschenkelstrecker (M. quadriceps femoris) ist einer der größten und kräftigsten Muskeln des menschlichen Körpers. Wie der Name bereits verrät, hat er vier Köpfe (M. rectus femoris, M. vastus medialis, intermedius und lateralis). Während die drei Vastus-Köpfe am stammnahen (proximalen) Oberschenkel ihren Ursprung haben und somit mittels Streckapparat nur über das Kniegelenk ziehen (eingelenkig) ist der gerade Oberschenkelmuskel (M. rectus femoris) ein zweigelenkiger Muskel: Mit seinem Ursprung am Becken ist er nicht nur Kniestrecker sondern auch Hüftbeuger. Er, und damit auch die Patellasehne als Teil des Streckapparates, ist damit einer besonderen mechanischen Belastung ausgesetzt.
Patellasehne
Die Patellasehne befindet sich unterhalb der Kniescheibe.
Patellasehne
Ultraschallbild – Längsschnitt
Patellasehne
Ultraschallbild – Querschnitt
Die Patellasehnen-Tendinopathie ist der häufigste Grund, warum Sportler aus Sprungsportarten einen Arzt aufsuchen. (1) Sie ist mit einer Prävalenz von etwa 14 % sehr verbreitet und ist daher besonders im sportmedizinischen Bereich eine bedeutsame Erkrankung.
Am zahlreichsten finden sich betroffene Sportler in Sportarten wie Volleyball oder Basketball. Hier ist die Belastung der Patellasehne besonders hoch: Etwa 30–40 % der Elite-Athleten sind betroffen. (2, 3)
Auch die Patellasehnen-Tendinopathie wird in den Bereich der Überlastungsverletzungen (overuse injury) eingeordnet. Neben diversen Risikofaktoren ist wiederholte und andauernde Überlastung ein häufiger Auslöser für Sehnenerkrankungen. Sportmedizinisch entscheidend sind besonders Risikofaktoren, die beeinflussbar sind, da sie Angriffspunkte zur Verletzungsprävention aber auch für eine strukturierte Behandlung sind: Übergewicht, sportartenspezifische Trainingsumfänge und –intensitäten, aber auch der Zustand der Muskulatur, die die Kniefunktionen stabilisiert, sind hier von Bedeutung. Verkürzungen der hinteren und vorderen Oberschenkelmuskulatur (ischiocruralen Muskulatur und M. quadrizeps) können zu einer Mehrbelastung der Patellasehne führen und sind daher Risikofaktoren, die zur Entwicklung einer Sehnenerkrankung beitragen können. (3) Auch echte Beinlängendifferenzen und Fußfehlstellungen wie ein Senk-Platt-Fuß (Pes planovalgus) lassen sich durch Fußmuskeltraining und eine geeignete Einlagenversorgung trainieren und unterstützen.
Die Sprungleistungsfähigkeit der Athleten ist natürlich trainierbar. Doch hier gibt es genetische Unterschiede: Die Zusammensetzung der Muskulatur variiert von Mensch zu Mensch, so hat nicht jeder die gleichen Voraussetzungen bezüglich Schnellkraft, Sprint- und Sprungleistungsfähigkeit. (3) In einer 5-jährigen Studie an 150 Volleyball-Spielerinnen und – Spielern konnte herausgefunden werden, dass Athleten mit besseren Sprungfähigkeiten signifikant häufiger an einer Patellasehnen-Erkrankung erkranken. (4, 5)
In Anfangsstadien der Erkrankung treten Schmerzen meistens zu Beginn einer Trainingseinheit auf und verschwinden oft bei fortgesetzter Belastung, vergleichbar mit den sogenannten Anlaufschmerzen bei der Achillessehnen-Erkrankung. Erst nach Beendigen der Belastung kehren die Beschwerden zurück - eine Konstellation, die besonders im Leistungssport häufig dazu führt, dass Beschwerden lange ignoriert werden und somit der Heilungsprozess erheblich verzögert wird. In der Folge schreitet die Sehnenerkrankung (Tendinopathie) voran und so geschieht es, dass Sportler erst in späteren Phasen bei ihrem Sportarzt landen - nun besteht dauerhafter Schmerz unter Belastung, eine Ausübung der Sportart ist unmöglich, manchmal bestehen sogar Schmerzen in Ruhe.
Viele Betroffene können die Schmerzen sehr präzise am untereren Patellapol oder im Verlauf der Sehne lokalisieren. Dies ist der Grund für die landläufige Bezeichnung „Patella-Spitzen-Syndrom”.
Typisch für die Patellasehnenerkrankung sind auch Schmerzen, die mit steigender Last auf dem Kniestrecker (M. quadriceps) stärker werden. Höheres Gewicht bei Kniebeugen, explosivere Ausführung oder aber Sprünge führen bei steigender Intensität, und damit zunehmender Belastung für den Kniestreckapparat, auch zu stärker werdenden Schmerzen. (6) Auch langes Sitzen, Hocken oder Treppengehen kann die Schmerzen provozieren.
Die Patellasehnenerkrankung kann nach Lokalisation eingeteilt werden. Man unterscheidet: unterer Patella-Pol ("Patellaspitze"), den mittleren Anteil ("Midportion") und den Ansatz am Schienbein (tibialer Ansatz). Der untere Pol der Kniescheibe ist mit Abstand am Häufigsten betroffen. In diesem Fall wird die Erkrankung auch Patellaspitzensyndrom genannt.
Klinisch gebräuchlich ist eine Einteilung des Patellaspitzensyndroms in 4 Phasen, die sich am Ausmaß der Beschwerden orientiert: (7)
Auch die Patellasehnenerkrankung wird im Verlauf häufig von einer Sehnendegeneration (Tendinose) begleitet. So sei auch hier, wie auch schon im Beitrag Achillessehnenerkrankungen auf die verschiedenenen Phasen der Degeneration eingegangen:
Bei dieser zellbasierten Theorie (8) wird davon ausgegangen, dass sich das Sehnengewebe zumindest in frühen Stadien wieder regenerieren kann. Auslöser ist eine übermäßige mechanische Beanspruchung, die die Sehne „überfordert“ und zu einer Reaktion der Tenozyten (Sehnenzellen), sowie der umgebenden extrazellulären Matrix führt. Die Veränderung der Sehne erfolgt in den 3 folgenden Stadien:
Stadium 1 – Überlastungsreaktion
In der ersten Phase verdickt sich die Sehne und versucht durch Zellproliferation (Vermehrung von Gewebe) und Einbau von Proteinen der Belastung stand zu halten. Das Kollagen zeigt sich hingegen intakt.
Stadium 2 – Sehnen-Dysrepair
Unter anhaltender Belastung kommt es zur Desorganisation der Kollagenmatrix sowie zur Veränderung der Kollagenzusammensetzung. Dies führt zu einer verminderten Belastbarkeit der Patellasehne, was wiederum zur Folge hat, dass nun eine geringere mechanische Beanspruchung als vorher bereits eine Überlastung darstellt. Es entsteht ein circulus vitiosus, der unbehandelt im dritten Stadium mündet.
Stadium 3 – Endstage-Degeneration
Hier ist die Regenerationsfähigkeit des Sehnengewebes begrenzt: Es zeigen sich starke Veränderungen der Extrazellulären Matrix, vor allem des Kollagens, sowie Neubildungen von Gefäßen (Neovaskularisationen), die in das Sehnengewebe einwachsen. (5)
Die Diagnose Patellasehnenerkrankung ist eine klinische Diagnose. Zur Feststellung ist also nicht zwingend Gerätemedizin erforderlich. Der typisch lokalisierte Druckschmerz, sowie eine passende Anamnese mit klassischer Symptomatik führen gemeinsam in der Regel zur Diagnose.
Zur Therapieplanung und zur Beurteilung der Sehnenstruktur kann es allerdings sinnvoll sein, an die Anamnese und körperliche Untersuchung bildgebende Verfahren anzuschließen. Die Diagnostik zeigt sich hier weitestgehend analog zu der einer Achillessehnenerkrankung: Die Sonographie sollte an erster Stelle stehen: Hier können etwaige degenerative Veränderungen (Tendinose) wie Desorganisation der Kollagenfasern oder Neovaskularisationen entdeckt und beurteilt werden, die wiederum später in der Therapie gezielt adressiert werden können.
Besonders bei Unklarheiten bzw. zum Ausschluss möglicher Differentialdiagnosen (z.B. Arthrose) können eine MRT-Untersuchung sowie konventionelle Röntgenbilder angeschlossen werden.
Hier sei betont, dass das Vorliegen von degenerativen Veränderungen allein nicht zwingend einen Krankheitswert hat. Im Zentrum steht die Symptomatik des betroffenen Patienten. Das soll heißen, dass ein gewisses Maß an Veränderung auch an der Sehne im Laufe des Lebens normal sind – behandelt werden sollte in der Regel nur, was auch Probleme macht. Übungen und Exzentrik sind natürlich immer sinnvoll möglich und können auch präventiv wirken.
Einige Patienten mit degenerativen Veränderungen der Sehne haben keine Symptome (in der Fachsprache: „Tendinose aber keine Tendinopathie”), andere Patienten mit starken Symptomen haben wenig oder keinerlei Veränderungen in der Bildgebung (in der Fachsprache: „Tendinopathie, aber keine Tendinose”)!
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Die konservative Therapie der Patellasehnentendinopathie ist sehr anspruchsvoll und bedarf auf therapeutischer Seite viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl.
Grundsätzlich unterscheidet sich das konservative Therapiekonzept nicht wesentlich von dem der Achillessehne oder anderer Sehnen menschlicher Extremitäten. Zu allererst sollte eine gründliche Ursachenforschung betrieben werden. Da in diesem Kapitel noch nicht erwähnt, hier noch einmal kurz zusammengefasst, was das heißen soll:
Mithilfe einer guten Anamnese, der vollständigen klinischen Untersuchung sowie auch einer Analyse des Schuhwerkes bzw. möglicher Einlagen können schon die meisten Risikofaktoren, etwa muskuläre Defizite und Dysbalancen, Fehlstellungen, Verkürzungen, falsches Schuhwerk bzw. unpassende Einlagenversorgung etc. identifiziert werden. Weitere feinere Informationen können dann eine Bewegungsanalyse und wenn sinnvoll eine Fußdruckmessung liefern. Auch Technikfehler können etwa beim Laufen auf diese Art detektiert werden – ein weiterer individueller Therapieansatz, Techniktraining. Viele der dann detektierten Risikofaktoren bieten dann einen Ansatzpunkt zur Optimierung und werden Baustein der individuellen Therapie des Athleten.
Sind Risikofaktoren und mögliche Auslöser des gesamten Bewegungssystems identifiziert, kann sich der betroffenen Sehne selbst gewidmet werden.
Grundpfeiler der konservativen Sehnentherapie:
1. Exzentriktraining/alternatives Krafttrainingsprogramm
2. Dehnung
3. Stoßwellentherapie (ESWT)
4. Injektionstherapie (ACP, Sklerosierung)
5. Supportive Maßnahmen: Flossing, Taping, Analgesie, Bandagen
Exzentriktraining
Der mit Abstand wichtigste Pfeiler mit der besten Evidenzlage ist das Exzentriktraining – in diesem Falle des großen Quadrizepsmuskels auf der Oberschenkelvorderseite. Die exzentrische Kontraktion ist eine Anspannung des Muskels bei gleichzeitiger Verlängerung seiner Fasern. Sie ist besonders intensiv und ruft einen starken Trainingsreiz mit folgender Anpassungsreaktion für die Muskulatur und im Besonderen für die Sehnen hervor. Dies führt zur Umstrukturierung des Sehnengewebes mit dem Ziel, stärkeren Belastungen standzuhalten. Wie auch im Bereich der Achillessehne sollte das Training täglich durchgeführt werden und bedarf daher einer adäquaten Selbstdisziplin und genügend Durchhaltevermögen.
Das Quadrizeps-Exzentriktraining der betroffenen Patienten stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Deshalb wollen wir trotz des bekannten Prinzipes (siehe Achillessehnentendinopathie, Sehnentherapie) etwas genauer auf die Problematik und einen möglichen alternativen Therapieansatz eingehen.
Exzentriktraining der Quadrizeps-Muskulatur:
Kniebeugen auf abfallender Fläche (z.B. Decline Board, siehe unten)
*Andere Maßnahmen der Sehnentherapie lassen sich von der Therapie der Achillessehnentendinopathie übertragen und sollen hier nicht erneut breit dargestellt werden.
Was ist also das Problem, das die Schwierigkeit etwa gegenüber der Therapie der häufigeren Achillessehnentendinopathie ausmacht?
Schmerzen. Und zwar besonders beim Exzentriktraining – dem wichtigsten und vielversprechendsten Therapiebaustein der Sehnenerkrankungen überhaupt. Die exzentrischen Übungen werden von den Patienten und Athleten oft, besonders am Anfang der Therapie kaum toleriert und erscheinen zu aggressiv. Die Compliance, also die Bereitschaft der Patienten zur aktiven Mitwirkung im Sinne täglicher Übungen, verständlicherweise gering.
Ein Lösungsansatz für dieses Problem bei besonders irritabler Sehne ist ein alternatives Krafttraining mit Stufenprogramm (6) mit langsam steigender Belastung, das sich an den Schmerzen der Athleten orientiert und dessen Inhalte und Intensitäten vollständig von der Schmerzintensität abhängen. Der Schmerz ist in diesem Konzept das übergeordnete Element der Trainingssteuerung.
Die schmerzhafte exzentrische Übung (etwa in Form eines decline squat) wird hier ausschließlich als trainingstägliches Messinstrument für den Schmerz genutzt. Das Ausmaß der Schmerzen entscheidet dann, welches Trainingsprogramm an dem Tag ansteht. Es kann auch darüber entscheiden, ob ein Athlet nach der vorgesehenen Zeit die nächste Stufe erreichen kann, er noch Zeit auf der bestehenden Stufe braucht oder aber, ob er sogar einen Schritt zurück machen muss. So soll ein für den Patienten tolerables und effektives langfristiges und vernünftiges Trainingsregime gefunden werden, ohne starke Überlastungen und damit erhebliche Rückschritte hinnehmen zu müssen und wertvolle Zeit zu verlieren. Trotz der vorgegebenen Struktur ist dies ein sehr individuelles Programm und braucht zur Umsetzung Therapeut*innen mit viel Erfahrung im Leistungssport.
Zur Überprüfung des Rehabilitationserfolges kommen, in der Wissenschaft etablierte und hoch standardisierte, Scores zur Evaluation von Schmerz, Funktion und subjektiver Zufriedenheit zum Einsatz.
Diese 4 Stufen werden mit schmerzabhängiger Trainingssteuerung durchlaufen:
1. ISOMETRISCHES TRAINING – Wichtig für: Schmerzreduktion und vorsichtigen Beginn der erneuten Sehnenbelastung
Isometrische Übungen sind Übungen, in denen der Muskel angespannt, jedoch weder verkürzt (Konzentrik) noch verlängert (Exzentrik) wird. Hier wird mit Halteübungen gearbeitet, um bei geringer Belastung des Bewegungsapparates sowie besonders der Patellasehne behutsam Kraft aufzubauen, um die folgenden Rehabilitationsschritte vorzubereiten.
Beispielübungen:
Einbeinige Halteübungen an der Beinstreckmaschine bei 30° oder 60° Flexion
Kniebeuge als Halteübungen, einbeinig bei bei 70° oder 90° Flexion
2. ISOTONISCHES TRAINING – Wichtig für: Muskelwachstum und Kraft bei funktionellem Bewegungsausmaß
Bei gleichbleibender Muskelspannung ändert sich nur die Muskellänge. Übungen beginnen mit leichter Kniebeugung von 10-60°. Langsam vorarbeiten bis 90 ° Knieflexion. Vorsicht: Knieflexion > 90° kann Beschwerden verschlimmern, also vorsichtig und langsam steigern. Beginnen mit weniger Gewicht und Sätzen á 15 Wiederholungen. Gewicht später steigern bis zur Muskelermüdung bei 6 Wiederholungen. Höheres Gewicht im Verlauf ist wichtig für die Sehnenadaptation. Übungen mit möglicher einbeiniger Ausführung präferieren.
Beispielübungen:
Beinstreckmaschine, Kniebeuge, Beinpresse, Spanish Squat
Vorsicht: Bei beidbeinigen Übungen besteht immer die Gefahr, dass der Patient bewusst oder unbewusst das betroffene Bein schont und das gesunde Bein mehr Last übernimmt. Es sollten also unbedingt auch einbeinige Übungen zum Einsatz kommen. Außerdem ist natürlich bei jeder einzelnen Übung auf eine saubere Umsetzung zu achten.
3. ENERGIE-SPEICHERNDE-ÜBUNGEN – (springen, landen, abstoppen, drehen)
Diese Therapiephase beinhaltet Übungen, die die Sehne fordern, um kontrolliert ihre Belastbarkeit und Stärke zu erhöhen. Voraussetzung für diese Rehabilitationsphase sind gute Kraftwerte und, wie in jeder Phase eine gegebene Toleranz der Belastung (Schmerzprovokationstest mit Decline Squat am Anfang eines jeden Trainingstages).
Beispielübungen:
In dieser Stufe ist das Training bereits sehr individuell auf die sportartenspezifischen Anforderungen abgestimmt und sollte ebenfalls behutsam und schmerzgesteuert gesteigert werden. Hierbei ist das Wissen darüber, wie belastend welche Übung für die Sehne ist entscheidend - die Landung nach einem Sprung in die Weite (horizontal) ist zum Beispiel mehr als doppelt so belastend wie die Landung nach einem Sprung in die Höhe (vertikal). Trainingsziel: Besonders im Spitzensport existieren genaue Daten über die Anforderungen an den Sportler, zum Beispiel darüber, wie oft ein Fußballer auf seiner Position während eines 90-minütigen Spieles springen, landen oder die Richtung wechseln muss. Erst, wenn er vergleichbare Wiederholungen problemlos, das heißt schmerzarm erreichen kann, ist er bereit für die nächste Rehabilitationsstufe.
4. RETURN TO SPORT – (sportartenspezifisches Training)
Ist der Athlet fit genug und erfüllt oben genannte Voraussetzungen, so kann er langsam wieder ins Vereinstraining einsteigen. Zu Beginn sollte das Training von der Intensität her Phase 3 entsprechen und schrittweise durch Phase 4 Übungen ersetzt werden.
Übungen vorheriger Phasen werden dennoch weitergeführt und vor allem an Ruhetagen absolviert.
Jeder Trainingstag wird zwangsläufig in den darauffolgenden Stunden, in diesem Modell anhand einer 24-Stunden-Schmerzantwort, reevaluiert. Werden die Beschwerden schlimmer, heißt es 1 Gang zurück. Alles im Rahmen? Weiter nach Plan.
Stoßwellentherapie
Die Stoßwellentherapie (ESWT = Extrakorporale Stoßwellen-Therapie) konnte im Rahmen von Studien an der Achillessehne ähnliche Ergebnisse wie das Exzentriktrinaing zeigen und wird daher ebenfalls standardmäßig als Teil des multimodalen Therapiekonzeptes zur Sehnentherapie auch im Bereich der Patellasehne eingesetzt. Eine Kombination aus Exzentriktraining und Stoßwellentherapie verspricht den größten Therapieerfolg.
Injektionstherapie
Eine weitere Alternative bei fortgeschrittener Degeneration ist die Sklerosierungstherapie: Ultraschallgesteuert wird ein Medikament namens Polidocanol (Wirkstoff: Aethoxysklerol) unter Sichtkontrolle in den Bereich mit fortgeschrittener Gefäßneubildung injiziert. Es zeigte sich, dass eine Reduktion der Neovaskularisation auch eine Schmerzreduktion bedeuten kann. Forscher konnten teilweise eine vergleichbare Wirksamkeit wie bei chirurgischem Vorgehen beobachten.
Auch für die sogenannte PRP- (plateled rich plasma) oder ACP- (autologous conditioned plasma) Therapie gibt es in neueren Studien positive Hinweise für dessen Wirksamkeit. Hierbei wird ein thrombozytenreiches (Blutplättchen zur Blutstillung) Plasma nach Blutabnahme und Zentrifugierung in den degenerierten Bereich injiziert: Mithilfe von körpereigenen Wachstumsfaktoren kann die Regeneration der Sehne gefördert werden.
Supportive Therapie
Einzig auf eine spezielle, traditionell sehr häufig zum Einsatz kommende Bandage, soll kurz eingegangen werden: Die Patellabandage/das Patellaband.
Dies ist eine kleine Bandage, die direkt unterhalb der distalen Patellaspitze getragen wird. Sie übt Druck auf die Patellasehne aus, da sie recht straff gespannt ist und soll in der Theorie die Belastung der Sehne reduzieren, in dem der Winkel zwischen Sehne und Ansatz an der unteren Kniescheibe erhöht und somit die Hauptbelastungszone verlagert wird. Die Studienlage hierzu ist widersprüchlich. Einige Studien, in denen allerdings die Ursachen des vorderen Knieschmerzes (siehe Differentialdiagnosen) nicht differenziert wurden, zeigen eine Verbesserung der Symptome durch Tragen der Bandage. In anderen zeigt sich kein signifikanter Effekt. (13)
Es bleibt daher ein möglicher Baustein, der in der Akutphase unterstützend zum Einsatz kommen kann, wird allerdings keine der bereits genannten Therapiephasen ersetzen. Ziel sollte außerdem langfristig immer das Leben und auch Sporttreiben ohne Bandage sein – Stabilität oder Unterstützung von Außen sind oft sinnvolle Elemente für die Akutphase. Langfristig muss der Körper alleine klarkommen und sollte entsprechend trainiert werden.
Auch ein additiver Einsatz von Flossing und Kinesiotaping ist im Spitzensport bewährte Praxis und kann richtig eingesetzt eine gute Unterstützung darstellen.
Operative Therapie
In der operativen Therapie der Patellasehnentendinopathie gibt es eine Reihe von Methoden. Die Denervierung und/oder Resektion des unteren knöchernen Patella-Pols unter Schonung der Patellasehne soll der Schmerzlinderung dienen und steht im Zentrum der Chirurgie. Es gibt Autoren, die ein sogenanntes Impingement für die Tendinopathie mitverantwortlich machen: Ähnlich dem Impingement-Syndrom der Schulter, bei welchem die Supraspinatussehne am Akromion „anstößt“ oder „impinged“ (subakromiale Enge), „impinged“ in diesem Fall die Patellasehne am unteren Patellapol. Mittels Resektion soll dieser zugrundeliegende Störfaktor behoben werden und somit der Auslöser für die Tendinopathie entfernt werden. (9)
Grundsätzlich sollte im Hinblick auf Invasivität und Erfolgsraten zwischen offenen und arthroskopischen Verfahren unterschieden werden. Arthoskopische Verfahren zeigen sich hinsichtlich ihrer Erfolgsraten überlegen (return-to-sport Raten über 80%) . Man konnte hier außerdem deutlich kürzere Rehabilitationszeiten gegenüber offen chirurgischen Verfahren beobachten (10).
Mehr Informationen zur Sklerosierungstherapie finden Sie hier. Wenn Sie weitere Fragen habe, beraten wir Sie gerne in unserer Video-Sprechstunde oder in unserer Praxis.
50–70 % der Patienten erzielen durch Exzentriktraining allein eine Besserung der Symptomatik erzielen können. Gemeinsam mit anderen konservativen Optionen ist also auch bei der Patellasehnentendinopathie zunächst eine konservative Therapie von mindestens 6 Monaten durchzuführen. Erst, wenn nach dieser Zeit kein Fortschritt zu erkennen ist, sollte über chirurgische Verfahren nachgedacht werden.
Gleichwohl: Die Patellasehnen-Tendinopathie ist eine ernst zunehmende Überlastungsverletzung, die nicht selten sogar das Karriere-Ende bedeuten kann: Laut einer Studie mussten 53 % der betroffenen Profi-Athleten den aktiven Profisport an den Nagel hängen. Andere Daten haben gezeigt, dass etwa 1/3 der Betroffenen innerhalb eines Jahres ihre Sportart nicht wieder aufnehmen konnten. (6)
Ein Grund dafür könnte die deutlich eingeschränktere Toleranz des Exzentriktrainings durch die Patienten sein. Die Wirksamkeit ist zwar hinreichend belegt, doch die Umsetzung erscheint oft aufgrund der ausgeprägteren Schmerzhaftigkeit im Gegensatz zur Achillessehnen-Tendinopathie problematisch. Bei vielen Betroffenen sind also weniger aggressivere Programme von Nöten, was den Rehabilitationsprozess verlängern kann.
Die Sehnentherapie mit Stoßwellentherapie, ACP und Laser ist das Wichtigste, aber Sie sollten die Versorgung mit Mikronährstoffen nicht vergessen! Die Kollagensynthese, also die Sehnenreparatur, benötigt Mikronährstoffe wie zum Beispiel Vitamin C, Eisen und Omega-3-Fettsäuren. (11) Mangelzustände können die Sehnenregeneration behindern. Mit unseren Sehnen-Infusionen gleichen Sie Ihre Defizite aus, damit ihrem Ziel nichts mehr im Wege steht.
Auch bei der Patellasehnentendinopathie ist das Exzentriktraining eins der wichtigsten Therapie-Elemente. Besonders in fortgeschritteneren Stadien ist die Umsetzung aufgrund der Schmerzhaftigkeit oft schwierig. Das klassiche Exzentriktraining erscheint zu aggressiv. Für solche Fälle ist ein alternatives progressives 4-Phasen-Rehabilitationsprogramm konzipiert worden. Dieses beinhaltet sowohl isometrische als auch isotonische Übungen für die gesamte kinetische Kette. Mittels eines Provokationstests wird zu Beginn der Therapie entschieden, ob ein klassisches Exzentrik-Programm durchgeführt werden kann oder ob auf das weniger aggressive Programm zurückgegriffen wird. (6)
Hinter der Patellasehne liegt der sogenannte Hoffa-Fettkörper. Dieser ist sehr gut mit Gefäßen und Schmerzfasern versorgt. Man nimmt an, dass er in der Entstehung des Schmerzes bei der Patellasehnentendinopathie eine wichtige Rolle spielt. (12)
ÜBUNG 2
Die Durchführung der Stretchingübung ist nur dann gesundheitsverträglich möglich, wenn das Becken als Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Dehnen einwandfrei verriegelt wird. Dies erreichen Sie, indem Sie auf der Seite liegend das untere Bein um 90° in der Hüfte anwinkeln und dann Ihre Bauchmuskulatur
anspannen. Sie bilden ein Widerlager, gegen das Sie Ihren Unterschenkel im Kniegelenk anbeugen können.
Wiederholungsanzahl:
3 x 30–60 Sek. halten
ÜBUNG 3
Flossen Sie das Knie beginnend vom Unterschenkel zum Herzen führend über das Knie und den Oberschenkel.
Sie geben den Zug jeweils einseitig auf die Vorderseite des Beines/Knies, halten den Zug und lassen den Zug locker um das Knie weiter auslaufen. Decken Sie die komplette Haut ab. Die letzte Umwicklung führen Sie locker durch und stecken das Band fest unter die letzte Lage. Gehen Sie zuerst ein paar Meter, um auszuschließen, das Sie kein Gefäß abgeschnürt haben. Führen Sie nun das Exzentriktraining* auf dem Declineboard durch. Wickeln Sie das Band nach jedem Durchgang zügig ab und stellen sich hin, damit das Blut - wie ein Wasserfall - in den Fuß zurückfließen kann. Für die nächste Serie flossen Sie das Knie erneut.
*Exzentriktraining Positionieren Sie sich einbeinig auf dem Board. Stellen Sie das nicht betroffene Bein in einem weiten Ausfallschritt nach hinten. Führen Sie nun eine Kniebeuge mit einem leichten Vorschub des Knies auf der betroffenen Seite. Achten Sie darauf, den Körper aufrecht zu halten und ebenfalls auf eine langsame und kontrollierte Bewegungsausführung. Diese wird in der Abwärtsbewegung doppelt so langsam ausgeführt, wie in der Aufwärtsbewegung.
Bei starkem Schmerz in den Belastungsphasen nehmen Sie zur Unterstützung einen Stab zu Hilfe, auf dem Sie sich in der konzentrischen Phase (Streckung) stützen können.
Bei sehr starken Beschwerden können Sie die Übung statisch haltend (isometrisch) ausführen.
Wiederholungsanzahl:
3 x 15 je Seite für mind. 12 Wochen oder
3 x 20–40 sek (n. Schmerzintensität) am tiefsten Punkt haltend
ÜBUNG 4 - ALTERNATIV
Flossen Sie das Knie beginnend vom Unterschenkel zum Herzen führend über das Knie und den Oberschenkel wie in Übung 3 beschrieben.
Führen Sie nun das Exzentriktraining* auf dem Declineboard durch. Wickeln Sie das Band nach jedem Durchgang zügig ab und stellen sich hin, damit das Blut - wie ein Wasserfall - in den Fuß zurückfließen kann. Für die nächste Serie flossen Sie das Knie erneut.
*Exzentriktraining Positionieren Sie sich einbeinig auf dem Board. Das nich betroffene Bein wird frei nach hinten geführt und dort gehalten. Führen Sie nun eine Kniebeuge mit einem leichten Vorschub des Knies auf der betroffenen Seite durch. Achten Sie auf eine langsame und kontrollierte Bewegungsausführung. Diese wird in der Abwärtsbewegung doppelt so langsam ausgeführt, wie in der Aufwärtsbewegung.
Bei starkem Schmerz in den Belastungsphasen nehmen Sie zur Unterstützung einen Stab zu Hilfe, auf dem Sie sich in der konzentrischen Phase (Streckung) stützen können.
Bei sehr starken Beschwerden können Sie die Übung statisch haltend (isometrisch) ausführen.
Wiederholungsanzahl:
3 x 15 je Seite für mind. 12 Wochen oder
3 x 20–40 sek (n. Schmerzintensität) am tiefsten Punkt haltend
Komprimieren durch Optimieren.
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Gute Besserung.
QUELLEN
(1) Pierets K, Verdonk R, De Muynck M, Lagast J. Jumper's knee: postoperative assessment. A retrospective clinical study. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 1999;7(4):239-42.
(2) Lian OB, Engebretsen L, Bahr R. Prevalence of jumper's knee among elite athletes from different sports: a cross-sectional study. Am J Sports Med. 2005;33(4):561-7.
(3) Sprague AL, Smith AH, Knox P, Pohlig RT, Gravare Silbernagel K. Modifiable risk factors for patellar tendinopathy in athletes: a systematic review and meta-analysis. 2018.
(4) van der Worp H, van Ark M, Roerink S, Pepping GJ, van den Akker-Scheek I, Zwerver J. Risk factors for patellar tendinopathy: a systematic review of the literature. Br J Sports Med. 2011;45(5):446-52.
(5) Becher C, Camathias C, Cook J, Doral MN, Eder K, Engelhardt M, et al. Die Sehne: Leitfaden zur Behandlung von Sehnenpathologien: Walter de Gruyter GmbH & Co KG; 2017.
(6) Malliaras P, Cook J, Purdam C, Rio E. Patellar Tendinopathy: Clinical Diagnosis, Load Management, and Advice for Challenging Case Presentations. J Orthop Sports Phys Ther. 2015;45(11):887-98.
(7) Blazina ME, Kerlan RK, Jobe FW, Carter VS, Carlson GJ. Jumper's knee. Orthop Clin North Am. 1973;4(3):665-78.
(8) Cook JL, Purdam CR. Is tendon pathology a continuum? A pathology model to explain the clinical presentation of load-induced tendinopathy. Br J Sports Med. 2009;43(6):409-16.
(9) Johnson DP, Wakeley CJ, Watt I. Magnetic resonance imaging of patellar tendonitis. J Bone Joint Surg Br. 1996;78(3):452-7.
(10) Brockmeyer M, Diehl N, Schmitt C, Kohn DM, Lorbach O. Results of Surgical Treatment of Chronic Patellar Tendinosis (Jumper's Knee): A Systematic Review of the Literature. Arthroscopy. 2015;31(12):2424-9.e3.
(11) Weinert F, Authorsen S. Klinische Wirksamkeit einer supportiven Ernährungstherapie bei Patienten mit Tendopathien. Ernährung & Medizin. 2010;25(04):172-7.
(12) Sanchis-Alfonso V, Rosello-Sastre E. Anterior knee pain in the young patient--what causes the pain? "Neural model". Acta Orthop Scand. 2003;74(6):697-703.
(13) Schwartz A, Watson JN, Hutchinson MR. Patellar tendinopathy. Sports Health. 2015 ;7(5):415-20.